Justizexzess: Landgericht Berlin ermöglicht Internet-Zensur speziell gegen Politiker und Publizisten

Justizexzess: Landgericht Berlin ermöglicht Internet-Zensur speziell gegen Politiker und Publizisten

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Zuletzt aktualisiert 19. November 2024

Das Landgericht Berlin hat in einem spektakulären Beschluss (Aktenzeichen 2 O 298/24 vom 13. November 2024) sich selbst und damit die deutsche Justiz für ein Vorgehen gegen Sperren in sozialen Netzwerken als unzuständig erklärt – aber nur in besonderen Fällen. Kein Recht auf ein Vorgehen gegen Online-Sperren vor deutschen Gerichten haben dem Gerichtsbeschluss zufolge „diejenigen Personen, die in einer engen Verbundenheit mit einer juristischen Person handeln“, also zum Beispiel einem Medienunternehmen, einem politischen Verein, einer Partei oder Stiftung.

Willkürlichen Zensurmaßnahmen gegen deutsche Politiker und Publizisten wären Tür und Tor geöffnet, falls dieser Gerichtsbeschluss den Weg durch die Instanzen überleben sollte. Denn nahezu jeder Publizist hat eine „enge Verbundenheit“ mit einem Verlag, der stets eine juristische Person ist. Und nahezu jeder Politiker hat eine „enge Verbundenheit“ mit einer politischen Partei, einem Verein oder einer Stiftung, die ebenfalls juristische Personen sind.

Zunächst einmal wirkt dieser Gerichtsbeschluss einfach nur absurd, denn warum soll ein deutscher Staatsbürger im eigenen Land weniger Rechte haben oder sogar – wie hier – jegliches Recht auf die Anrufung deutscher Gerichte verlieren, sobald er mit einem Medienunternehmen, einer politischen Partei, einem Verein oder einer Stiftung „eng verbunden“ ist? Ein genauer Blick auf den Fall lässt aber erkennen, dass der Gerichtsbeschluss in seinen verschlungenen zivilrechtlichen Details weniger exzentrisch und aussichtslos ist, als es dem juristisch ungeschulten Beobachter erscheinen mag.

Geklagt hatten ich selbst als natürliche Person sowie der Verein Signal für Deutschland e.V., dessen Vorsitzender ich bin, gegen die dauerhafte Sperrung der von mir seit 2017 täglich mit Inhalten beschickten Facebookseite facebook.com/SignalFuerDeutschland/ mit einer monatlichen Reichweite von einer halben bis hin zu mehr als einer Million Menschen. Die Seite ist nach wie vor nicht erreichbar. Eine Begründung für die Sperre teilt Facebook nicht mit.

Die Zuständigkeit des Landgerichts Berlin hatte ich für den Verein gestützt auf Artikel 7 EuGVVO i.V.m. § 32 ZPO: Zuständig ist in Rechtsstreitigkeiten mit Facebook „das Gericht des Wohnsitzes des Anspruchstellers“, wie das Landgericht Frankfurt am 30.06.2020 festgestellt hat (AZ. 2-03 O 238/20), soweit ein „Unterlassung der Löschung bzw. Sperre, die sich allein beim Nutzer auswirkt“, begehrt wird. Genau um einen solchen Fall geht es hier.

Dazu teilt das Landgericht Berlin mit: „Die nicht näher begründete Auffassung des Landgerichts Frankfurt a. M., auf die die Antragsteller verweisen, wird hier nicht geteilt.“ Stattdessen verweisen die Berliner Richter auf verschiedene Fälle zivilrechtlicher Streitigkeiten zwischen Unternehmen, die mit sozialen Netzwerken nichts zu tun haben, für die dann das jeweilige ausländische Gericht als zuständig erkannt worden ist. Das Landgericht setzt also die Öffentlichkeitsarbeit eines deutschen politischen Idealvereins, der ohne Gewinnerzielungsabsicht handelt, mit einer unternehmerischen Aktivität gleich.

Für mich selbst hatte ich ergänzend auf Art. 17 Abs. 1 lit. c, 18 Abs. 1 EUG-VVO, verwiesen, der Verbrauchern u.a. das Recht gibt, gegen Willkürmaßnehmen der Betreiber sozialer Netzwerke Rechtsschutz bei den Zivilgerichten an ihrem Wohnort zu suchen. Dies lehnt das Landgericht Berlin mit Verweis auf meine „enge Verbundenheit“ mit Signal für Deutschland e.V. ab, durch die meine (ehrenamtliche, also nicht bezahlte) publizistische Arbeit als unternehmerisch zu werten sei, wodurch ich meine Rechte als Verbraucher einbüßen soll.

Deutsche Staatsbürger und deutsche politische Vereinigungen sollen also nach der Rechtsauffassung des Landgerichts Berlin aus dem Geltungsbereich des Grundgesetzes verdrängt und darauf verwiesen werden, den Schutz ihrer in Deutschland verfassungsmäßig verbrieften Grundrechte bei ausländischen Gerichten zu suchen, weil der deutschen Justiz der Schutz dieser Grundrechte lästig fällt.

Gegen den Beschluss 2 O 298/24 habe ich sowohl für mich selbst als auch für den Verein sofortige Beschwerde beim Berliner Kammergericht eingelegt. Aufgrund der offensichtlichen grundsätzlichen Bedeutung des Falls für den Schutz der Grundrechte deutscher Staatsbürger und der Rechte politischer Vereinigungen habe ich hierbei die Zulassung der Revision beantragt.

Offensichtlich ist, dass der juristische Kampf um die Facebookseite facebook.com/SignalFuerDeutschland/ durch alle Instanzen gehen und jahrelang dauern wird. Das ist unvermeidbar, denn sollte sich das Landgericht Berlin durchsetzen mit seiner Rechtsauffassung, über politische und publizistische Aktivitäten deutscher Staatsbürger müsste im Falle von Rechtsverletzungen im Ausland verhandelt werden, weil die deutschen Gerichte unzuständig seien, dann wären die Folgen weitreichend:

Nahezu alle Abgeordneten im Bundestag und in den Landtagen stehen „in einer engen Verbundenheit mit einer juristischen Person“, und zwar ihrer jeweiligen politischen Partei. Falls sich die Gleichsetzung politischer mit wirtschaftlichen Aktivitäten bei der Frage nach der Bestimmung des Gerichtsstands letztinstanzlich durchsetzen sollte, können ihre sämtlichen Veröffentlichungen in sozialen Netzwerken ohne Chance auf Gegenwehr vor deutschen Gerichten gelöscht werden. Und zwar ohne Angabe von Gründen. Davon würden Facebook, YouTube, TikTok und andere zweifellos umfassenden Gebrauch machen, um sich Ärger vom Hals zu halten, und X sowie Telegram würden gewaltig unter Druck geraten und ebenfalls dazu gedrängt werden, unerwünschte politische Inhalte aus den sozialen Netzwerken zu entfernen.

Für das Recht auf freier Meinungsäußerung aller Teilnehmer der politischen Debatte in Deutschland ist es erforderlich, dieser Rechtsstreit gegen eine unbegründete Sperre durch Facebook bis zum Bundesgerichtshof und notfalls auch bis vor das Bundesverfassungsgericht zu tragen. Dafür sind wir auf Ihre Spende angewiesen! Bitte machen Sie SIGNAL stark, damit wir die Kraft haben, in diesem aufwändigen, teuren Rechtsstreit bis zum Schluss durchzuhalten! Sie erhalten umgehend eine steuerlich abzugsfähige Spendenquittung.

Gewinnen werden wir auf jeden Fall: Entweder, wir setzen uns juristisch gegen Facebook durch. Oder wir demaskieren die Gegenseite – und dann wissen wir zumindest, woran wir sind und können eigene Medien nutzen, um die Zensurmechanismen einer breiten Öffentlichkeit bekannt zu geben.

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